Schlagwort: Tabakmarktordnung

  • Das Pflanzerherz hängt immer noch am Tabak

    Start der Tabakernte / Bauern und Politiker hoffen auf Unterstützung durch Industrie

    NEUPOTZ (DTZ/fok). Tabak als Lebensinhalt, als Wirtschaftsfaktor und Kulturgut, das lässt sich fast nirgends so gut studieren, wie in den verbliebenen deutschen Anbaugebieten des „braunen Goldes“, vor allem in der Südpfalz und Nordbaden.

    Das Auslaufen der EU-Tabakmarktordnung und der damit verbundene Wegfall der produktbezogenen staatlichen Förderung haben den Pflanzern den wichtigsten Stützpfeiler für ihre arbeitsintensiven Tabakkulturen entzogen. Das hat vor allem den Vertragsanbau massiv getroffen und zahlreiche Tabakbauern zur Aufgabe gezwungen. Nichtsdestotrotz machen viele Betriebe weiter und hoffen auf eine positive Wendung.

    Frisch geerntete Tabakblätter
    „Der deutsche Tabakanbau im Jahr 1 nach dem Abschied der Tabakmarktordnung: Super-GAU oder Zukunftschance?“ – unter dieser Fragestellung hatte der Bundesverband der Tabakpflanzer (BdT) Anfang dieser Woche zu einer Informationsveranstaltung geladen, zu der Branchenbeteiligte wie auch Politiker und Presse erschienen waren. Zeitlicher Aufhänger war das Einbringen der ersten, frisch geernteten Tabakblätter auf dem Schmiedhof in Neupotz/Südpfalz, den die Familie Bellaire betreibt.

    BdT-Präsident Hermann Pfanger skizzierte die aktuelle Entwicklung: Für Geudertheimer, der vor allem von der deutschen Zigarrenindustrie für die Einlage verwendet wird, wurden rund 60 Prozent der vorjährigen Menge gezeichnet.

    Virgin hatte Einbußen, aber es gelang hier auf relativ hohem Niveau Abnehmer zu finden, vor allem im Exportbereich. Burley hingegen war von dem Prämienwegfall voll betroffen: Nachdem Ende April feststand, dass die Zigarettenhersteller in Deutschland keine neuen Verträge schließen wollten, habe der Verband die Empfehlung ausgesprochen, die bereits angezogenen Jungpflanzen nicht auf die Felder auszubringen.

    Stärkere Konzentration auf Virgin als Chance
    Eine Chance könnte sein, dass die deutschen Tabakpflanzer sich stärker auf den Virgin konzentrieren. Das aber, so Pfanger, sei mit hohen Investitionskosten verbunden, für die wiederum eine gewisse Abnahmesicherheit bei auskömmlichen Preisen bestehen müsse.

    Dass hier der Blick vor allem auf den Abnehmern in der deutsche Tabakindustrie ruht, unterstrich auch Julia Klöckner, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und gleichzeitig Spitzenkandidatin der CDU für die nächste rheinland-pfälzische Landtagswahl.

    Sie betonte einerseits die Bemühungen, den Anbau alternativer Agrarprodukte zu unterstützen, andererseits aber auch die Erkenntnis, dass dies den Tabakanbau für die betroffenen Betriebe wirtschaftlich nicht ersetzen kann.

    Gespräche zwischen Ministerium und Zigarettenindustrie
    Klöckner erwähnte, dass seitens des Ministeriums Gespräche mit der Zigarettenindustrie und den Tabakpflanzern initiiert wurden und dass sie auch künftig bereit sei, zwischen diesen Interessen zu vermitteln. Dabei stellte Klöckner auch die Gefahren des Schmuggels und die Notwendigkeit stärkerer Kontrollen heraus, „vielleicht eine neue Basis für Verhandlungen“, so die Staatssekretärin. Mit Krediten für die Pflanzer könne flankierend Hilfe gewährt werden.

    Alexander Schweitzer, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerium wies darauf hin, dass die angesprochene Situation nicht in der Landeshauptstadt Mainz gestaltet werde. Ein GAU sei nicht eingetreten, es gebe noch 60 Betriebe in der Südpfalz, die auch in diesem Jahr noch Tabak anbauen, und diese müssten auch eine Zukunft haben.

    „Runden Tisch“ gefordert
    Er informierte, dass er Tabak verarbeitende Unternehmen in Rheinland-Pfalz zu einem weiteren Gespräch angeschrieben, aber bisher noch keine Antwort erhalten habe. Wichtig sei eine Kombination aus positiver Imageförderung und Herausstellen der Qualitätsmerkmale. Er appellierte, einen „Runden Tisch“ aus Tabakwarenherstellern, Tabakpflanzern und der Politik – letztere auch parteiübergreifend – einzurichten, um Lösungen für die künftige Abnahme des Tabaks herbeizuführen.

    Hofeigner Roland Bellaire brachte es zum Schluss noch mal auf den Punkt: „Wir setzen weiter auf den Virgin-Anbau, wollen aber auch vernünftige Preise, um den Betrieb wirtschaftlich halten zu können. Wir brauchen keine Kredite, sondern eine auskömmliche Honorierung unserer Leistung.“

    (DTZ 28/10)