Schlagwort: Tabakentwöhnung

  • BZgA: Umstrittene Warnung

    BERLIN // Vor dem Hintergrund der Einführung neuer nikotin-haltiger E-Produkte in den deutschen Markt warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vor den Risiken des Konsums dieser Produkte, insbesondere für Jugendliche.

    Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA, erklärt: „Die Inhalation des Dampfs nikotinhaltiger E-Produkte birgt einerseits das Risiko der Entwicklung einer Abhängigkeit von Nikotin, andererseits belastet Nikotin als Zellgift den Körper nachhaltig und schafft erhebliche gesundheitliche Risiken, vor allem für das Herz-Kreislauf-System. Darüber hinaus steht Nikotin im Verdacht, die Entstehung und das Wachstum von Krebszellen zu fördern. Vom Konsum nikotinhaltiger E-Produkte ist daher unbedingt abzuraten. Diese gehören aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials von Nikotin vor allem nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen.“

    „Deutschland noch am Anfang“

    Die süßen Aromen der nikotinhaltigen Liquids der E-Zigaretten in Geschmacksrichtungen wie Mango, Bubble Gum oder Cola könnten den Eindruck vermitteln, es handle sich um harmlose Lifestyle-Produkte. In Deutschland ist Minderjährigen der Konsum von E-Zigaretten gemäß Jugendschutzgesetz grundsätzlich verboten. Studienergebnisse der BZgA aus dem Jahr 2016 zeigten aber, dass rund 13 Prozent der 12– bis 17-Jährigen in ihrem Leben bereits E-Zigaretten ausprobiert hätten.

    „Eine von der BZgA initiierte Studie konnte belegen, dass Jugendliche, die E-Zigaretten konsumieren, eher dazu neigen, mit dem Rauchen von Tabakzigaretten zu beginnen. Aktuell liegt die Raucherquote bei Jugendlichen bundesweit auf dem historischen Tiefstand von 7,4 Prozent. Diesen Präventionserfolg gilt es vor dem Hintergrund und den Versuchungen der stets neuen Nikotin-Produkte im Markt nicht zu gefährden“, betont Thaiss in einer aktuellen Pressemitteilung.

    Der Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH) macht in diesem Zusammenhang auf die Chancen von E-Zigaretten aufmerksam. E-Zigaretten seien bis zu 95 Prozent weniger schädlich als Tabakzigaretten. Zahlreiche aktuelle Studien stützten diese Argumentation und bescheinigten die hohe Erfolgsquote beim Umstieg von Tabak- auf E-Zigaretten, die rund doppelt so hoch liege wie bei der Verwendung anderer Nikotinersatzpräparate wie Kaugummi oder Pflaster. So sei eine italienische Studie Anfang des Jahres zu dem Ergebnis gekommen, dass E-Zigaretten ein probates Mittel zur Tabakentwöhnung seien. Eine gemeinsame Untersuchung englischer, amerikanischer, kanadischer und australischer Wissenschaftler komme zum gleichen Ergebnis. Auch der Drogen- und Suchtbericht 2018 der Bundesregierung weise darauf hin, dass die E-Zigarette das bevorzugte Mittel von Rauchern bei der Tabakentwöhnung und im Vergleich zu Rauchtabak weniger schädlich sei.

    E-Zigaretten seien ein Produkt für erwachsene Raucher, die eine weniger gesundheitsschädliche Alternative zur Tabakzigarette suchen, so der VdeH. In Großbritannien ist die E-Zigarette als Mittel zur Tabakentwöhnung bereits soweit akzeptiert, dass es demnächst einen Modellversuch geben soll, in dem Apotheken kostenlose „Vape-Kits“ an erwachsene Raucher ausgeben, die mit dem Rauchen aufhören möchten.

    „Im Vergleich dazu befinden wir uns in Deutschland noch am Anfang. Auch hier sollten E-Zigaretten als effektive Alternative zur Unterstützung des Rauchausstiegs eingesetzt werden“, sagt Michal Dobrajc, Erster Vorsitzender des VdeH, „eine beständige Kommunikation der aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse durch alle relevanten Akteure sollte dabei das Potenzial der E-Zigarette aufzeigen. Es ist höchst bedauerlich, dass die BZgA dort abwegige Risiken sieht, wo die Chancen überwiegen, die zu einer Verbesserung der Gesundheit erwachsener Raucher führen."

    max

    (DTZ 12/19)

  • Statements zur E-Zigarette

    FRANKFURT / BERLIN // Eine neue Publikation rückt die angebliche Gefährdung der Konsumenten durch E-Zigaretten zurecht. Zugleich warnt das Bundesgesundheitsministerium vor den neuen Produkten.

    Dampfen sei nicht so unschädlich wie das Atmen frischer Waldluft, sagt Professor Heino Stöver, Leiter des Instituts für Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences. Aber: „Es ist auch lange nicht so schädlich wie das Rauchen von Tabakzigaretten und rangiert eher im Bereich von Nikotinersatzprodukten wie Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummi.“

    Stöver hat einen Sammelband zum Thema „Die E-Zigarette“ herausgegeben (Informationen auf www.isff.org), mit dem er unter anderem das schlechte Image dieser Produktkategorie zurechtrücken möchte, denn: „Es wäre an der Zeit, ähnlich wie in England, den Verbrauchern eine klare Orientierung an die Hand zu geben.“

    Fast zeitgleich meldete das Bundesgesundheitsministerium, eine Befragung der IFT-Gesundheitsförderung München unter Teilnehmern des Tabakentwöhnungsprogramms „Das Rauchfrei Programm“ habe gezeigt, dass Nutzer der E-Zigarette nach einem Jahr seltener rauchfrei seien (20 Prozent) als die übrigen Kursteilnehmer (39 Prozent).

    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erklärte dazu: „Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko. Es ist ein Erfolg, dass der Tabakkonsum bei den Jugendlichen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist.“

    Zugleich verwies das Ministerium auf eine Untersuchung des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS), die sich mit den Motivationen für den Umstieg auf E-Zigaretten beschäftigt hatte. Über 3300 E-Zigaretten-Konsumenten wurden befragt. Am häufigsten für den Konsum wurde der Wunsch benannt, das Rauchen von Tabakprodukten zu beenden oder eine Alternative zum Rauchen zu haben.

    Das Ministerium weiter: Qualitative Interviews des Instituts für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences hätten gezeigt, dass nahezu keiner der befragten Jugendlichen E-Produkte täglich konsumierte. Fast alle Befragten dampften höchstens ein- bis zweimal im Monat. In einer ergänzenden Online-Befragung berichteten allerdings 71 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass sie bereits Erfahrungen mit E-Produkten gesammelt hätten.
    red/pi

    (DTZ 43/16)

  • Suchtmediziner im Kreuzfeuer der Kritik

    BERLIN // Die E-Zigarette ist für viele Raucher eine Alternative zu herkömmlichen Tabakprodukten. Allerdings wird sie als Entwöhnungshilfe von Medizinern häufig abgelehnt. Die Gründe sind laut einem Bericht in der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) oft fragwürdig.

    Der Artikel thematisiert die Verbindungen von Suchtmedizinern zur Pharmaindustrie. Vor diesem Hintergrund fordert der DZV die Offenlegung aller Interessenkonflikte beim Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem Wissenschaftlichen Aktionskreis Tabakentwöhnung (WAT).

    In der Ausgabe vom 18. Mai hatte die SZ über enge geschäftliche Verbindungen von Suchtmedizinern des WAT und dem Pharmakonzern Novartis berichtet. Danach wurde der WAT nach Angaben der PR‐Firma Klinksiek im Auftrag von Novartis Consumer Health gegründet. Novartis stellt Suchtentwöhnungsprodukte her.
    Seit 2013 will der WAT mit Klagen auf dem Rechtsweg erreichen, dass die Nikotinersatztherapie und psychotherapeutische Entwöhnungskurse künftig von den Krankenkassen bezahlt werden. Er lehnt in Übereinstimmung mit dem DKFZ den Einsatz von elektronischen Zigaretten zur Tabakentwöhnung ab.

    Hinzukomme, dass die Leiterin des „WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle“ beim DKFZ, Dr. Martina Pötschke‐Langer auch wissenschaftliches Mitglied der Novartis‐Gründung WAT ist. Weiterhin veröffentlicht das DKFZ in Zusammenarbeit mit WAT einen regelmäßigen Newsletter zur Tabakentwöhnung.

    DZV‐Geschäftsführer Jan Mücke zeigt sich empört über die Verflechtungen zwischen dem DKFZ, dem Wissenschaftlichen Aktionskreis Tabakentwöhnung (WAT) und der Pharmaindustrie. „Wissenschaftliche Einrichtungen zur Tabakkontrolle und Suchtmedizin müssen jeden Anschein von Interessenskonflikten vermeiden. Ich fordere deshalb volle Transparenz über die Zusammenarbeit von DKFZ, WAT und Pharmaindustrie. Die wissenschaftliche Bewertung von risikoreduzierten Erzeugnissen für Raucher, wie der elektronischen Zigarette, muss völlig frei von wirtschaftlichen Erwägungen der Pharmaindustrie erfolgen“, sagte Mücke.
    pi

    (DTZ 22/16)