Schlagwort: Suchtexperten

  • Mehr Alkohol und Pillen, dafür weniger Zigaretten

    HAMM // Die Deutschen trinken gern. Aus Sicht der Suchtexperten wird in Deutschland zu viel Alkohol konsumiert. Ähnlich dramatisch beurteilen sie den Umgang mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Dafür hat die Nachfrage nach Zigaretten nachgelassen.

    Das geht aus dem „Jahrbuch Sucht 2017“ hervor, das die Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) vor kurzem vorgestellt hat.


    Alkohol

    Keinen Grund zur Entwarnung sehen die DHS-Experten bei Bier, Wein oder Schnaps. Der Konsum stagniert seit 2013. Jeder Bundesbürger hat 2015 knapp 9,6 Liter reinen Alkohol getrunken, das entspricht etwa einem Putzeimer, informiert die DHS. Den Verbrauch in Deutschland schätzen die Jahrbuch-Autoren im internationalen Vergleich als „besonders hoch“ ein.

    Der meiste Alkohol wird von 15- bis 65-Jährigen getrunken. Laut Umfragen und Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes sind 3,38 Millionen Erwachsene in Deutschland von einer alkoholbezogenen Störung in den letzten zwölf Monaten betroffen. Knapp 74.000 Todesfälle werden laut DHS jährlich durch Alkoholkonsum oder kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht. Eine aktuelle Untersuchung beziffert die Kosten des Alkoholkonsums in Deutschland auf rund 40 Milliarden Euro. Dem stehen direkte Einnahmen des Staates aus alkoholbezogenen Steuern von 3,191 Milliarden Euro (2015) gegenüber.
    Die Ausgaben für Alkoholwerbung in TV, Rundfunk, auf Plakaten und in der Presse beliefen sich 2015 auf 544 Millionen Euro, ungeachtet der Ausgaben für Sponsoring und Werbung im Internet.

    Zigaretten
    Der Verbrauch von Zigaretten hat im vergangenen Jahr abgenommen. 2016 wurden 75,016 Milliarden Zigaretten (2015: 81,267 Milliarden Stück) konsumiert. Das entspricht einem Rückgang von 7,7 Prozent. Der Feinschnittkonsum sank um elf Prozent von 25.470 auf 24.188 Tonnen.

    Angestiegen ist der Verbrauch von Zigarren und Zigarillos auf 3,049 Milliarden Stück (2015: 2,956 Milliarden Stück). Das entspricht einem Anstieg von 3,2 Prozent.

    Jeder achte Deutsche ab 14 Jahren (11,8 Prozent) hat schon einmal E-Zigaretten probiert. Bei Männern lag der entsprechende Anteil mit rund 15 Prozent gegenüber neun Prozent deutlich höher als bei Frauen. Bei einem Großteil blieb es jedoch bei einmaligem Konsum: lediglich 1,4 Prozent aller Personen verwendeten E-Zigaretten aktuell zum Zeitpunkt der Befragung, 2,2 Prozent haben in der Vergangenheit regelmäßig E-Zigaretten genutzt.

    Im Jahr 2013 starben laut DHS rund 121.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Das waren 13,5 Prozent aller Todesfälle. Hinzu kommen schätzungsweise 3.300 Todesfälle durch Passivrauchen, heißt es im Bericht. Wie die DHS behauptet, belaufen sich die durch das Rauchen entstandenen Kosten jährlich auf 79,09 Mrd. Euro, davon seien 25,41 Milliarden Euro direkte Kosten zum Beispiel für die Behandlungen tabakbedingter Krankheiten, Arzneimittel etc.), und 53,7 Milliarden Euro indirekte Kosten, zum Beispiel durch Produktivitätsausfälle.

    Medikamente
    Im Jahre 2015 wurden rund 1,47 Milliarden Arzneimittelpackungen verkauft. Das entspricht einem Anstieg um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Hälfte der Arzneimittel, die in den Apotheken abgegeben werden, rund 735 Millionen Packungen, ist nicht-rezeptpflichtig. Die übrigen 50 Prozent oder 734 Millionen Arzneimittelpackungen sind nur gegen Vorlage eines Rezeptes erhältlich. Hier entspricht der Anstieg gegenüber dem Vorjahr ein Prozent.

    Der Gesamtumsatz der pharmazeutischen Hersteller betrug etwa 30,4 Milliarden Euro (plus 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr), der Umsatz in Apotheken 50,2 Milliarden. Größter Einzelmarkt ist der Markt der gesetzlichen Krankenversicherungen. Im Jahr 2015 wurden hier 35,5 Milliarden Euro (plus 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr) für rund 657 Millionen verordnete Arzneimittel (plus ein Prozent gegenüber dem Vorjahr) ausgegeben.

    Rund vier bis fünf Prozent aller verordneten Arzneimittel können abhängig machen, darunter vor allem die Schlaf- und Beruhigungsmittel mit Wirkstoffen aus der Familie der Benzodiazepine und der Benzodiazepinrezeptoragonisten. In den vergangenen Jahren sind die Verordnungen dieser Mittel zwar zurückgegangen, der Anteil der privat verordneten Mittel hat allerdings zugenommen.

    Die Zahl der Arzneimittelabhängigen wird auf bis zu 1,9 Millionen geschätzt. Insbesondere Frauen im höheren Lebensalter sind betroffen. Die Verordnung von stark wirkenden Schmerzmitteln hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

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    (DTZ 15/17)