Schlagwort: Sozialversicherungsfreiheit

  • Pflanzer für schnelles Handeln

    BERLIN // Die deutschen Tabakpflanzer stehen vor einer großen Herausforderung: Erntehelfermangel wegen der verschärften Einreisebedingungen durch die Corona-Krise.

    Die Bundesregierung und der Deutsche Bauernverband hatten nach einem kurzfristigen kompletten Einreisestopp einen Weg gefunden, doch noch Erntehelfer ins Land kommen zu lassen. Sie haben ein Online-Portal aufgesetzt, dass es den Landwirten ermöglicht, die Saisonarbeitskräfte vorschriftsmäßig anzumelden und per Flugzeug einreisen zu lassen. Zudem wurde die in der Landwirtschaft häufig angewandte, sogenannte „70-Tage-Regelung“ von der Bundesregierung auf 115 Tage ausgeweitet.

    Erntehelfer für die gesamte Saison
    Damit sollte gewährleistet werden, dass über die gesamte Saison hinweg genügend Erntehelfer im Land verfügbar sind. Saisonarbeitskräfte sind im Regelfall für 70 Tage, wegen der Coronakrise derzeit befristet bis zum 31. Oktober 2020 für 115 Tage, von der Sozialversicherungspflicht befreit. Diese Sozialversicherungsfreiheit gilt jedoch nur, wenn die Tätigkeit nicht berufsmäßig ausgeübt wird, also nicht die Haupterwerbsquelle ist.

    Unsicherheit in den Betrieben
    „Es herrscht eine große Unsicherheit in den Betrieben. Aus Sorge vor Arbeitskräftemangel bei der Ernte wurden in diesem Jahr rund 20 Prozent weniger Setzlinge ausgepflanzt. Zudem belastet die Einhaltung der Hygienemaßnahmen die Betriebe. Die Ausweitung der 70-Tage-Regelung auf 115 Tage war zunächst einmal ein wichtiges Signal an die Pflanzer“, sagt Sven Plaeschke, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakpflanzer, im Gespräch mit DTZ. „Doch leider wurde hierbei keine ergänzende Regelung hinsichtlich der Berufsmäßigkeit geschaffen.“

    Anreiz zu bleiben
    Die Sozialversicherungsfreiheit sei ein wichtiger Anreiz, auf deutschen Höfen zu arbeiten. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass trotz der Ausweitung auf 115 Tage eine Vielzahl der ausländischen Saisonarbeitskräfte unsere Betriebe nach 70 Tagen wieder verlassen werden, weil ansonsten das Kriterium der Berufsmäßigkeit erfüllt und ihre Beschäftigung damit sozialversicherungspflichtig wird“, erklärt Plaeschke.

    „Da ist dann kein Anreiz mehr, bei uns zu bleiben.“ Im Ergebnis würden andere Saisonarbeitskräfte nachrücken müssen, was zu einer Rück- und Hinreise-Welle führen könne. Aus Sicht der Tabakpflanzer könne dies nicht im Sinne des Infektions- und Gesundheitsschutzes sein. Ein Aussetzen des Kriteriums der Berufsmäßigkeit für das laufende Jahr würde die Lage merklich entschärfen. „Die Politik muss hier zügig eine pragmatische Lösung herbeiführen, ansonsten ist die Ausweitung der 70-Tage-Regelung wirkungslos“, fordert Plaeschke.

    red