Schlagwort: Sorgfaltspflicht

  • Gut gedacht, schlecht gemacht

    BERLIN // „Unternehmen müssen für die Einhaltung der Menschenrechte auf der gesamten Lieferkette sorgen.“ Das ist die Kernaussage des neuen Lieferkettengesetzes, das ab 2023 für Firmen mit 3000, später bereits ab 1000 Beschäftigten gelten soll. Doch es gibt Kritik.

    Dabei haben die betroffenen Betriebe nicht grundsätzlich etwas dagegen, sich auf diesem Weg am Kampf gegen Kinderarbeit, Ausbeutung, Diskriminierung und Umweltzerstörung zu beteiligen. Allerdings liegen die Probleme im Detail.

    28 Verbände
    28 Verbände, unter ihnen der Verband der Rauchtabakindustrie (VdR), der Handelsverband Deutschland (HDE) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) haben in einem offenen Brief Bedenken gegen den Entwurf vorgebracht, der noch vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden könnte (Abstimmung bei Redaktionsschluss der Printausgabe noch nicht erfolgt).

    Die Interessenvertreter fordern:
    [bul]Sorgfaltspflichten rechtsklar und praktikabel ausgestalten: Es könnten nicht alle Unternehmen entlang der globalen Lieferketten die Vorgaben des Gesetzes erfüllen. Schließlich seien die Staaten souverän und entschieden über Menschenrechte, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards selbst. Es könnten nur die Maßstäbe des jeweils vor Ort geltenden Rechts umgesetzt werden.
    [bul]Keine Verpflichtung von Firmen unterhalb der Schwellenwerte: Zwar bezieht sich das Gesetz ab 2023 nur auf Konzerne mit mindestens 3000 Beschäftigten (ab 2024: ab 1000 Angestellten). Aber: Diese Unternehmen müssten ihre, dann womöglich auch kleineren, Zulieferer vertraglich zum Einhalten ebendieser Vorgaben verpflichten. Damit greife der Staat unverhältnismäßig in die unternehmerische Freiheit der gesamten Wirtschaft ein.
    [bul]Keine Benachteiligung des Wirtschaftsstandorts Deutschland: Das Gesetz müsse auch für in Deutschland geschäftlich tätige ausländische Unternehmen gelten, einschließlich solcher Firmen, die ihre Waren über Plattformen vertreiben. Bislang würden nur Betriebe von den Richtlinien erfasst, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben.
    [bul]Keine zivilrechtliche Haftung durch die Hintertür und keine Umgehung rechtsstaatlicher Anforderungen im Zivilprozess: Es fehle bislang an einer eindeutigen Formulierung wie „Dieses Gesetz vermittelt keine zivilrechtlichen Ansprüche.“
    [bul]Keine Quasi-Pflicht der Unternehmen, sich selbst und ihre Zulieferer zu belasten: Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat enorme Kontrollmöglichkeiten, die zahlreiche Rechte außer Kraft setzen. Zugang zu Betriebsstätten auch ohne richterlichen Beschluss, Einsicht in Unterlagen der Firma sowie ihrer Zulieferer und so fort seien nicht hinnehmbar. Damit würden die Unternehmen nicht zuletzt zu „strafrechtlichen Hilfsermittlern gegen ihre eigenen Zulieferer“.

    DTZ wird weiter berichten.

    red