Schlagwort: Liberalisierung

  • „Die Politik hat auf ganzer Linie versagt“

    HANNOVER // Am 1. Juli 2012 trat der Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft – also vor fast drei Jahren. Bekanntlich lässt er eine Teil-Liberalisierung im Bereich der Sportwetten zu, wo bundesweit bis zu 20 Konzessionen erteilt werden können. Das Problem: Es gibt viel mehr Bewerber als Konzessionen.

    Die Folge: Private Sportwetten-Firmen, die abgelehnt werden, beschreiten den Klageweg und können dabei juristische Erfolge erzielen, wie jüngst ein österreichischer Wettanbieter vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden.

    Annahmestellenleiter vermuten, dass das Konzessionsverfahren noch lange dauern wird. „Eigentlich war das alles vorhersehbar“, sagt Oliver Harmsen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lotto-Toto-Verkaufsstellen in Deutschland (BLD). „Wer die Sachlage kennt, braucht kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass auch der 21. Interessent klagen wird. So kann sich das Ganze über Jahre hinweg in die Länge ziehen“, befürchtet Harmsen. Er prophezeit, dass in dieser Zeit alle privaten Sportwetten-Anbieter wie bisher „fröhlich“, sprich ungehemmt und unreguliert, weiter machen, während die staatlichen Lottoverkaufsstellen die Dummen sind. „Meines Erachtens wird nämlich auch der 1001. Interessent klagen“, so der BLD-Vorsitzende.

    „Die Vergabe der Konzessionen ist zur Hängepartie geworden, weil die Politik auf ganzer Linie versagt hat“, wettert Harmsen. Je länger der Vertrieb der staatlichen Lotteriegesellschaften in diesem „politisch organisierten Chaos“ arbeiten müsste, desto schwieriger werde es, Steuern für den Staat einzunehmen. Harmsen: „Deshalb glauben wir vom BLD, dass eine völlige Freigabe der Lizenzvergabe unter bestimmten Voraussetzungen zu erfolgen hat, und dass es an der Zeit ist, endlich politisch verantwortlich zu handeln. Der Wettbewerb wird dann entscheiden wer ,am Ball’ bleibt.“
    red

    (DTZ 20/15)

  • Neuer Glücksspiel-Staatsvertrag ändert die Welt der Sportwetten

    MAINZ (DTZ/da). „Der neue Glücksspieländerungs-Staatsvertrag ist eine Chance für Lotto Rheinland-Pfalz.“ Davon zeigt sich der rheinland-pfälzische Finanzstaatssekretär und Lotto-Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Salvatore Barbaro überzeugt.

    Kernziele des am 1. Juli 2012 in Kraft getretenen und bis zum 30. Juni 2021 geltenden neuen Staatsvertrages seien nach wie vor die Verhinderung von Spielsucht und die Gewährleistung des Jugendschutzes, betonte er auf einer Pressekonferenz von Lotto Rheinland-Pfalz am 2. Juli in der Mainzer Coface-Arena, dem Stadion von Fußball-Erstbundesligist Mainz 05.

    Auch mit dem neuen Staatsvertrag, dem sich bislang 14 der 16 Bundesländer angeschlossen haben, bleibt es im Lotteriebereich beim Monopol der staatlichen Lotteriegesellschaften. Allerdings wird sich die Welt bei den Sportwetten in Deutschland verändern, denn dieser Bereich wird erstmals liberalisiert. Dazu werden insgesamt 20 Konzessionen vergeben. Das bedeute mit anderen Worten, dass sich neben dem staatlichen Oddset 19 private Wettanbieter um Lizenzen bewerben können. „Wir stellen uns diesem Wettbewerb gerne“, so Barbaro.

    „Das Gegeneinander von Oddset und den bislang im Internet operierenden illegalen Anbietern wird nun endlich zu gleichen Bedingungen legal werden. So wird sich zeigen, dass unsere Mitbewerber nicht besser sind, sondern bislang nur die besseren Bedingungen hatten.“ Künftig wird die Steuer auf Sportwetten fünf Prozent betragen und liegt damit eher auf einem international konkurrenzfähigen Niveau als bisher, wo von den staatlichen Anbietern mehr als 30 Prozent an Steuern und Abgaben abgeführt wurden.

    Der rheinland-pfälzische Finanz-Staatssekretär dankte Hans-Peter Schössler, dem Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz, für sein Engagement in den zurückliegenden zwei Jahren für den Staatsvertrag. Gleichzeitig hob er die Bedeutung der Annahmestellen hervor, die in Sachen Glücksspiele die entscheidenden Bezugspunkte für die Menschen im Land seien. In diesem Zusammenhang würdigte Barbaro auch den Einsatz von Günter Bonn, dem Vorsitzenden des Verbandes der Verkaufsstellen für Toto-Lotto in Rheinland-Pfalz (VDV).

    Hans-Peter Schössler ging vor allem auf zwei wesentliche Änderungen ein, die der neue Glücksspieländerungs-Staatsvertrag mit sich bringt: Die Liberalisierung der Sportwetten mit der Vergabe von 20 Konzessionen und die Möglichkeit für die Lotteriegesellschaften, ihre Spiele wie Lotto, Glücksspirale, Eurojackpot etc. wieder im Internet anzubieten.

    Der Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz rechnet damit, dass im Gesamtjahr 2013 bundesweit zehn bis 25 Prozent der Spieleinsätze über das Internet getätigt werden. Dies würde jedoch nicht zu Lasten der Annahmestellen gehen, denn die Internet-Spielteilnehmer seien ein völlig anderes Klientel. „Das Internet ist ein zweiter Vertriebsweg, der den Annahmestellen nicht die Kunden wegnehmen, sondern die Online-Lottospieler, die bislang bei illegalen Anbietern gespielt haben, wieder zurück in die Legalität holen wird“, ist Schössler überzeugt. Mit dem Internet müsse nun etwas zurückgewonnen werden, was über Jahre an die Illegalen verloren worden sei. Die große Stärke des Unternehmens aber liege im terrestrischen Vertrieb der zurzeit 1 090 Annahmestellen überall in Rheinland-Pfalz.

    Als sehr wichtige Änderung im neuen Staatsvertrag bezeichnete auch Schössler die Freigabe der Sportwetten. Positiv sei, dass nun alle, auch die 19 privaten Wettanbieter, fünf Prozent vom Umsatz an die Länder abführen müssten, womit endlich ein Wettbewerb unter gleichen Bedingungen stattfinden könne. Das staatliche Oddset werde geradezu „rebellisch“ versuchen, verlorenes Terrain wieder zurück zu gewinnen, meinte Schössler. Seinen Worten zufolge ging der Umsatz von Oddset, der Sportwette von Lotto, bundesweit von rund 600 Millionen Euro im Jahr 2006 auf knapp 160 Mio. Euro in 2011 zurück. Künftig wird es auch wieder möglich sein, für die Sportwetten Werbung zu machen. Oddset wird deshalb unter anderem Werbepartner von Fußball-Bundesligisten wie zum Beispiel Borussia Dortmund, Mainz 05, Eintracht Frankfurt, FC Augsburg und 1. FC Kaiserslautern.

    Oddset wird es auch in Zukunft bei allen knapp 1 100 Lottoverkaufsstellen des Landes geben. Schössler: „Wichtig für uns in Rheinland-Pfalz ist auch, dass wir für die einjährige Laufzeit der Konzessionsvergabe für die Sportwette Oddset weiterhin über alle unsere Annahmestellen verkaufen können. Das ist nicht in allen Ländern so.“

    Schössler zufolge beginnt jetzt die Ausschreibung für die 20 Konzessionen. Dabei ist die spannende Frage, ob sich die großen internationalen Wettanbieter wie zum Beispiel bwin, die in den vergangenen Jahren illegal auf dem deutschen Markt aktiv gewesen sind, sich um eine Konzession bewerben werden.

    (DTZ 27/12)

  • Bundesländer öffnen den Sportwettenmarkt

    BERLIN (DTZ/vi/da). Auf ihrer Ministerpräsidenten-Konferenz am 15. Dezember 2011 haben 15 der 16 Länderchefs einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag unterzeichnet. Schleswig-Holstein hat sich nicht angeschlossen.

    Das nördlichste Bundesland will seinen Glücksspiel-Markt noch weiter öffnen und hat im September 2011 im Kieler Landtag ein liberaleres Glücksspielgesetz beschlossen, das keine Begrenzung bei der Lizenzvergabe für Sportwetten, weniger Beschränkungen bei der Lotto-Werbung und die Erlaubnis für Online-Glücksspiele wie Poker vorsieht.

    Der von den 15 Ministerpräsidenten verabschiedete neue Staatsvertrag regelt für die kommenden Jahre das Glücksspiel in Deutschland. Wie bisher werden Lotto, die GlücksSpirale und die weiteren traditionellen Produkte von Lotto unter ein staatliches Monopol gestellt.

    Dieses wird weiter in erster Linie dem Spielerschutz und dem Jugendschutz zu dienen haben. Völlig neu ist die Liberalisierung des Marktes der Sportwetten. Hier wollen die Länder im Laufe des Jahres 2012 zwanzig Konzessionen an staatliche und private Wettanbieter vergeben.

    Nach der Unterschrift der 15 Ministerpräsidenten bedarf der neue Staatsvertrag der Legitimierung durch die Länderparlamente. Die Zustimmung soll jedoch erst nach der Prüfung durch die EU-Kommission erfolgen, denn Brüssel hatte sich im Sommer schon einmal kritisch zu einem im April 2011 von den 15 Ministerpräsidenten unterzeichneten Staatsvertragsentwurf geäußert. Diesmal rechnen die Regierungschef jedoch mit einer positiven Reaktion der EU-Kommission.

    (DTZ 51/11)

  • Sportwetten: Marktöffnung lässt Klagewelle befürchten

    MÜNSTER (DTZ/ws). Theo Goßner, Geschäftsführer von WestLotto, sieht eine Öffnung des Sportwettenmarkts mit Skepsis. In einem Interview mit DTZ wies er auf die Spielergefährdungen hin, die durch Ausdehnung der Wettformen und wettbewerbsbedingte verstärkte Werbeanstrengungen entstehen können.

    So etwa bei Live-Wetten, die aus diesem Grund und zur Erhaltung der Integrität des Sportes von den Gesellschaften des Lottoblocks nicht angeboten werden. Goßner befürchtet im Falle einer Liberalisierung Klagen privater Anbieter gegen die Höhe der Abgaben und Drohungen dieser Veranstalter mit dem Wegzug in Steueroasen. Letztlich bestehe die Gefahr, dass nach der Öffnung des Sportwettenmarkts auch ein Kampf um das Lotteriemonopol entbrennen könnte.

    Mit Blick auf das gewerbliche Automatenspiel wies Goßner darauf hin, dass dieses nach den Vorgaben des EuGH-Urteils in die Regelungen einbezogen werden müsse, wofür eine Unterstützung durch den Bund notwendig sei.

    Als diskriminierend und stigmatisierend bezeichnete der WestLotto-Chef eine EV des Landgerichts Köln, wonach Hartz IV-Empfängern grundsätzlich vom Glücksspiel ausgeschlossen würden. WestLotto habe Widerspruch eingelegt, weil der Beschluss wegen der Probleme der Überprüfung so nicht umsetzbar sei. Auch sei das Instrument der Sperre bei Sportwetten vom Gesetzgeber eingeführt worden, um Suchtgefährdete zu schützen und nicht, um Einkommensschwache vom Spiel auszuschließen.

    (DTZ 13/11)

  • Ministerpräsidenten beraten über Zukunft des Glücksspiels

    BERLIN (DTZ/da). Die Ministerpräsidenten der Länder beraten am 15. Dezember 2010 in Berlin über einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag. Der derzeitige Staatsvertrag läuft Ende 2011 aus.

    Auf der Tagung wird über drei stark voneinander abweichende Staatsvertrags-Entwürfe verhandelt.

    [bul]Modell 1 sieht eine Modifizierung des bisherigen Staatsvertrags mit einem strengen Spielerschutz vor. Kontrolliertes Spielen über das Internet soll nach diesem Entwurf wieder möglich sein. Zur Bekämpfung der Spielsucht soll es diesem Entwurf zufolge für sämtliche Glücksspiele eine zentrale Sperrdatei geben, an die suchtgefährdete Spieler gemeldet werden. Bei den Spielcasinos gibt es das ja bereits.

    In den Annahmestellen besteht für stärker suchtgefährdende Spielarten wie zum Beispiel „Keno“ die Kundenkarten-Pflicht. Mit der Sperrdatei soll verhindert werden, dass die Einsätze eines Spielteilnehmers insgesamt 500 Euro im Monat überschreiten. Die Lotterie- und Wettveranstalter müssten ihre Umsätze sowie die Namen, Geburtsdaten und Adressen all ihrer Kunden zentral melden.

    [bul]Der zweite Entwurf für einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag ist komplett konträr zur ersten Variante und schlägt eine Freigabe der Sportwetten und Lotterien (mit Ausnahme von Zahlenlotto 6 aus 49) in Form eines Lizenzmodells vor, bei dem ausgewählte private Anbieter zugelassen werden könnten.

    [bul]Modell 3 präferiert eine zeitlich befristete Liberalisierung von Sportwetten, wobei an eine begrenzte Zahl privater Wettanbieter Konzessionen vergeben werden könnten. Bei dem Entwurf soll nach eineinhalb Jahren die Auswirkung der Freigabe des Wettmarktes überprüft werden. Dieser Staatsvertrag würde nach sieben Jahren außer Kraft treten, wenn sich nicht mindestens 13 Bundesländer für eine Verlängerung aussprächen.

    Unterschiedliche Auffassungen in den Bundesländern
    Für welchen Entwurf sich die Ministerpräsidenten der Länder am 15. Dezember entscheiden werden oder ob womöglich zwei Modelle zu einem neuen Entwurf verschmolzen werden, ist derzeit völlig offen. So mancher in der Lotterie- und Wettbranche schließt nicht aus, dass die Ministerpräsidenten die Angelegenheit auf die Zeit nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg im Frühjahr 2011 vertagen werden.

    Denn in den Bundesländern herrscht keine Einigkeit. Verschiedene CDU/FDP-regierte Bundesländer neigen zu einer Öffnung des Glücksspielmarkts. Schleswig-Holstein zum Beispiel drängt bereits seit längerem auf eine Glücksspielregelung, die auch private Wettanbieter zulässt.

    Für den Fall, dass sich die Ministerpräsidenten nächste Woche nicht auf einen Konsens verständigen, will die CDU/FDP-Regierungskoalition in Kiel einen entsprechenden Gesetzentwurf im Landtag einbringen. Von SPD-regierten Ländern werden derartige Pläne abgelehnt.

    So hat etwa der Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Staatssekretär Martin Stadelmaier, die Haltung der von schwarz-gelben Länderregierungen zum staatlichen Glücksspielmonopol kritisiert. Stadelmaier warnt: „Die Aufgabe des staatlichen Monopols, wie sie von CDU/FDP-Koalitionen geführte Länder fordern, würde zu drastischen Einnahmeverlusten in vielfacher Millionenhöhe für den Sport in Rheinland-Pfalz führen.“ Stadelmaier sprach sich dafür aus, den jetzigen Glücksspielstaatsvertrag vorsichtig weiterzuentwickeln.

    (49/10)