Schlagwort: Konsumsteuerung

  • Weitere Diskussion ums Verbot

    BERLIN // Eine Entscheidung zum Tabakwerbeverbot rückt näher. Umso deutlicher versuchen die unterschiedlichen Interessengruppen, ihre Vorstellungen und Vorschläge bei den zuständigen Parlamentariern zu positionieren.

    So wetterte zuletzt Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, in „Der Spiegel“: „Die langwierige Diskussion um die Plakatwerbung ist trostlos.“ Die Ärzteschaft sei für ein generelles Werbeverbot, auch für E-Zigaretten: „Da kann man der Industrie nicht entgegenkommen.“

    Bei dieser Haltung ist Reinhardt sich einig mit SPD und der neuen Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU). Auch sie fordern, elektronische Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer mit einem vollständigen Werbeverbot zu belegen.

    Gegen Werbeverbot
    Ganz anders sehen das neben den großen Verbänden der Tabakbranche wie DZV (Deutscher Zigarettenverband), VdR (Verband der Rauchtabakindustrie) und dem noch jungen BVTE (Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse) wichtige Vertretungen anderer Branchen. So bittet Manfred Parteina, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), die Politiker in einem Schreiben (liegt DTZ vor) darum, sich „gegen eine Ausschaltung der Tabakwerbung“ auszusprechen. Mit differenzierten Argumenten stellt der ZAW vor allem auf juristische Aspekte ab. Dabei macht Parteina deutlich: „Eine Ablehnung des Tabakwerbeverbots bedeutet nicht, sich für das Rauchen in unserer Gesellschaft stark zu machen.“ Vielmehr sei ein Votum gegen ein entsprechendes Verbot „eine Stimme für die Geltung der Grundregeln freier Märkte“.


    Signalwirkung für andere Branchen

    Neben verfassungsrechtlichen Bedenken verweist der ZAW auf eine mit einem Werbeverbot verbundene Signalwirkung auf andere Branchen. Wer Werbung aufgrund gesundheitspolitischer Argumente verbieten wolle, mache sich unglaubwürdig, wenn er Werbung zulasse, die für Fettleibigkeit, Alkoholmissbrauch oder umweltschädliches Verhalten verantwortlich sei. Folge: „Werbeverbote sind dann als taugliches Mittel zur Konsumsteuerung politisch anerkannt.“ Dies würde jedoch den wissenschaftlichen Studien zur Funktion von Werbung widersprechen.


    Markenverband warnt

    Auch der Markenverband erhebt in der aktuellen Diskussion seine Stimme. Geschäftsführer Alexander Dröge bittet Bundestagsmitglieder (Schreiben liegt DTZ vor), dem „weitreichenden Verbotspapier“ nicht zuzustimmen. Die enthaltenen Verbote seien „extrem kurzfristig und sehr weitreichend“. Der Markenverband greift verschiedene Punkte der Vorlage auf und prüft sie auf ihren Wahrheitsgehalt. Da geht es zum Beispiel um die Behauptung, Tabakwerbung verführe junge Menschen zum Rauchen. Dröge verweist in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Metastudie der European Business School, derzufolge Jugendliche aufgrund des Vorbildverhaltens von Eltern und Peer Groups, also etwa Freunde oder Sportkameraden, mit dem Tabakkonsum begännen. Ein totales Werbeverbot könne hier kontraproduktiv wirken, da Eltern sich in der Folge aus ihrer Vorbildfunktion entlassen fühlen könnten.

    Dröge belegt außerdem, dass große verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Werbeverbot bestünden, da die stets als Vorgabe herangezogene WHO-Rahmenkonvention den Rahmen der deutschen Verfassung einhalten müsse. Bereits 2003 habe das Bundeskanzleramt der Weltgesundheitsorganisation mitgeteilt, das Rahmenabkommen sei unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich Möglichen in Deutschland bereits umgesetzt worden.

    Sachlicher Meinungsaustausch
    Schließlich setzt sich der Markenverband für E-Zigaretten und Tabakerhitzer ein. Es sei nicht schlüssig, dass für sie trotz deutlich geringeren Risikopotenzials die gleichen Vorgaben und Fristen gelten sollten wie für Zigaretten: „Ohne eine valide Risikobewertung lässt sich ein Werbeverbot faktisch gar nicht begründen.“

    Unterdessen wird auch aus den Reihen der Unionsparlamentarier Unmut laut. So haben 15 CDU-Abgeordnete unter der Führung von Maik Beermann einen Brief an Fraktionschef Ralph Brinkhaus unterschrieben (Brief liegt DTZ vor). Darin fordern die CDU-Politiker, die für den 25. November – und damit nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe – vorgesehene Abstimmung über das Positionspapier zum Tabakwerbeverbot um eine Woche zu verschieben. Dies, so Beermann, „würde die Möglichkeit des sachlich fundierten Meinungsaustausches und somit die Einbindung der Fraktion verbessern“.

    Hintergrund: Brinkhaus war vor einem Jahr unter anderem deshalb gewählt worden, weil er die Fraktion stärker in die Entscheidungsfindung bei politischen Weichenstellungen einbeziehen wollte. Nun sei das Positionspapier den Parlamentariern jedoch erst am 13. November zugestellt worden, vor dem 25. eine Meinungsbildung und ein Diskurs kaum möglich. Das sei umso bedauerlicher, als das Papier im Gegensatz zu gültigen Beschlüssen des CDU-Parteitages 2015 zu diesem Sachverhalt stünden.

    max

    (DTZ 48/19)

  • Fairer Wettbewerb statt Regulierung

    BERLIN (DTZ/red/kes). Im Koalitionsvertrag deuten viele Aussagen auf eine Bevormundung des Verbrauchers hin.

    Diese Ansicht äußerten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), der Markenverband und der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) auf dem „Forum Wirtschaft und Verbraucher“ diese Woche in Berlin. „Konsumsteuerung nach politisch motivierten, ethischen und ökologischen Kriterien entmündigt den Bürger“, sagt BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. Als Folge könne es zur Schwächung der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb führen.

    Stattdessen gibt es bereits ausreichend Informationspflichten, die die Konsumenten in die Lage versetzten, eigenverantwortlich die richtige Wahl zu treffen, so Kerber.

    „Der Koalitionsvertrag enthält widersprüchliche Aussagen zur Umsetzung von EU-Recht: Einerseits sollen Brüsseler Vorgaben eins zu eins in nationales Recht übertragen, andererseits als Mindestregeln jedes Mal übertroffen werden. Letzteres wäre ein erheblicher Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen auf dem globalen Markt“, warnte Andreas Schubert, Präsident des ZAW.

    BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff kritisierte die geplanten neuen Kennzeichnungsvorschriften. Sie wären „für Unternehmen unter Kostengesichtspunkten eine enorme Belastung und werden auch nicht automatisch zu mehr verständlicher Transparenz für den Verbraucher führen.“ Mittelfristig hätten sie Einfluss auf die Preisentwicklung.

    „Aus Sicht der Markenwirtschaft ist fairer Wettbewerb einer Regulierung, die Verbraucherverhalten lenken will, vorzuziehen“, sagte Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes.

    (DTZ 08/14)