Schlagwort: Inkassounternehmen

  • Mahnspesen korrekt berechnen

    BREMEN // Viele Betriebe haben in Corona-Zeiten Probleme mit Kunden, die ihre Rechnungen zu spät oder gar nicht bezahlen – gerade jetzt eine Gefahr für die Liquidität der betroffenen Firmen. Damit geht ein höherer Aufwand in den Unternehmen für die Versendung der eigenen Mahnungen einher. Der Gedanke, sich diesen Mehraufwand bezahlen zu lassen, liegt nahe.

    Aufwand für den Gläubiger
    „Im vergangenen Jahr hat sich der Bundesgerichtshof erneut mit der Erstattungsfähigkeit pauschalierter Mahnspesen – auch vielfach als Mahnkosten, Mahnpauschalen oder Gläubigerspesen bezeichnet – befasst und unmissverständlich klargestellt, dass der eigene Zeitaufwand für das Erstellen der Mahnungen nicht vom Kunden zu erstatten ist. Erstattungsfähig ist daher nur, was auf die konkreten Aufwendungen des Gläubigers für die Mahnung des in Verzug befindlichen Schuldners zurückzuführen ist“, sagt Bernd Drumann von der Bremer Inkasso. Das BGH-Urteil trägt das Aktenzeichen VIII ZR 95/18. Drumann gibt im Folgenden Tipps zum Thema Mahnspesen.

    Pauschale erklären
    Darf ich pauschale Mahnspesen berechnen? Der Schuldner hat für die Kosten (Verzugsschaden), die er durch seinen Zahlungsverzug verursacht, aufzukommen. Ist ein Schuldner zum Beispiel durch Zugang der ersten Mahnung bereits in Zahlungsverzug, können ihm – in diesem Fall ab der zweiten Mahnung – Spesen berechnet werden. Die von vielen Gerichten ohne Einzelnachweis nach bisheriger Praxis akzeptierten Pauschalen bewegen sich zwischen einem und drei Euro pro Mahnschreiben. Im Zweifel muss die Zusammensetzung der Pauschale allerdings genau erklärt und nachgewiesen werden können.

    Die Entscheidung des BGH wird zwar von vielen Gerichten übernommen werden und sich nach und nach vermutlich durchsetzen, aber sie ist für andere Gerichte ebenso wenig verbindlich wie für Gläubiger, Rechtsanwälte oder Inkassounternehmen.

    Geschäftsbedingungen
    Kann ich in meinen allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits Mahnspesen mit dem Kunden vereinbaren? Sofern in der Pauschale nur Schadensbeträge enthalten sind, die dem Grunde nach erstattungsfähig sind, können die Pauschalen auch in den Geschäftsbedingungen aufgeführt werden. Allerdings können solche AGB-Klauseln schnell unwirksam sein.

    Eine Pauschalierung des Schadensersatzes in AGB ist nur zulässig, wenn die Pauschale die gewöhnlichen Kosten nicht übersteigt und wenn dem Schuldner ausdrücklich der Nachweis eines geringeren Schadens vorbehalten bleibt.

    Kosten für Porto, Toner und Briefe
    Wie kann ich die individuelle Höhe meiner Mahnspesen errechnen? Kosten für Porto, Toner, Briefumschlag und -papier sind für den Versand einer postalischen Mahnung nach Verzugseintritt unproblematisch. Schwieriger wird es mit Kosten für Gerätschaften wie Drucker, Frankier- und Kuvertiermaschine sowie deren Wartung. Wenn überhaupt, müsste man die Anschaffungs- und Service-Kosten, wofür höchstens Cent-Beträge zusammenkommen, auf die einzelne Mahnung herunterrechnen. Selbst dann fragt sich, ob es sich bei dem Verschleiß solcher Geräte nicht bloß um allgemeine Geschäftskosten des Gläubigers handelt. Mehr als zwei bis fünf Cent pro Seite sollte man jedenfalls nicht ansetzen.

    Überhöhte Mahnspesen
    Welche Folgen kann es haben, wenn überhöhte Mahnspesen geltend gemacht werden? Es kommt vor, dass Gläubiger ohne nähere Aufschlüsselung bis zu 20 Euro Mahnkosten berechnen. Wenn dabei keine falschen Tatsachen behauptet werden, stellt das in der Regel wohl keinen – versuchten – Betrug dar. Aber der Schuldner kann nachfragen, wie sich die Spesen zusammensetzen, und sich letztlich gegen die überhöht erscheinenden Kosten zur Wehr setzen. Auf dünneres Eis begibt sich ein Gläubiger dort, wo er bewusst nach der geschilderten Rechtsprechung offensichtlich überhöhte Mahnspesen in einem gerichtlichen Verfahren in der Hoffnung geltend macht, dass der Schuldner sich nicht wehren werde und das Gericht dann einen Vollstreckungsbescheid erlässt.

    Prozessverfahren
    Geht die Forderung mit den überhöht angesetzten Mahnspesen in ein streitiges Prozessverfahren, kann es erforderlich sein, die Zusammensetzung der geltend gemachten Spesen aufzuschlüsseln und nachzuweisen. Da diese nicht beigebracht werden können, wird das Gericht die aufgelisteten Kosten reduzieren beziehungsweise ganz aberkennen.

    Rechtmäßigkeit
    Mahnspesen – ein schwieriges Thema für Gläubiger und Inkasso. Wird eine offene Forderung an ein Inkassobüro abgegeben, wird dort unter anderem die Rechtmäßigkeit der Mahnspesen überprüft. Die Mitglieder des BDIU (Bundesverband Deutscher Inkassounternehmen) sind jedenfalls verpflichtet, ihre Mandanten auf die Rechtslage rund um die Erstattungsfähigkeit von Mahnspesen hinzuweisen. Das geht soweit, dass der Einzug von Spesen im Zweifel nicht durchgeführt werden darf, wenn sie seitens des Mandanten nicht dokumentiert sind.

    Risiko und Nutzen
    Ken Hubbard, einem US-amerikanischen Humoristen, wird das Zitat zugeschrieben: „Ehrlichkeit macht sich bezahlt. Aber den meisten Menschen scheint die Bezahlung nicht auszureichen.“ Offene Forderungen sind zweifelsohne äußerst ärgerlich. Sie binden zusätzlich zum Ärger Nerven, Zeit und Personal. Umso verständlicher ist es, sich vom Schuldner dafür durch Mahnspesen einen kleinen Ausgleich zurückholen zu wollen. Ob man dafür das Risiko eingehen möchte, gegebenenfalls von Rechts wegen zurückgepfiffen zu werden und damit noch mehr Zeit und Energie zu verschwenden, muss jeder selbst entscheiden.

    pi