Schlagwort: Illegales Glücksspiel

  • „Schutzmechanismen greifen“

    BERLIN // Bereits zum dritten Mal in Folge fand am 22. Februar der „Lotto Talk im Turm“ unter dem Motto „Quo vadis Glücksspiel?“ in der Aussichtsetage des Berliner Fernsehturms statt. Hoch über der Bundeshauptstadt diskutierten hochkarätige Redner und Gäste aus Politik und Wirtschaft auf Einladung von Lotto Niedersachsen, derzeit federführende Gesellschaft im Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB), und dessen Berliner Büros über aktuelle Themen der Glücksspielbranche.

    Gemeinnütziger Zweck
    In einleitenden Worten hob Lotto Niedersachsens Geschäftsführer Axel Holthaus die Bedeutung des legalen Glücksspiels hervor: 18,5 Millionen Spieler gebe es in Deutschland, 8,2 Milliarden Euro hätten sie 2023 eingesetzt. Und: Ein großer Teil davon fließe gemeinnützigen Zwecke zu.

    Zu gegenwärtigen Entwicklungen im Glücksspielsektor tauschten sich dann in der ersten Diskussionsrunde Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, und Ronald Benter, Vorstand der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder, aus. Blienert wies eingangs darauf hin, dass seine Behörde zurzeit vor allem mit der Legalisierung von Cannabis beschäftigt sei – am nächsten Tag erfolgte die Abstimmung im Bundestag über die kontrollierte Freigabe. Aber auch Glücksspiel sei für ihn ein wichtiges Thema.

    Kampf gegen illegales Glücksspiel
    Einig waren sich Blienert und Benter darin, dass der Kampf gegen das illegale Glücksspiel bei zeitgleicher Stärkung der legalen Angebote im Sinn des ordnungsrechtlichen Rahmens unabdingbar sei. Nur so könne den Zielen gemäß Paragraf 1 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV 2021) entsprochen und ein umfassender Jugend- und Spielerschutz gewährleistet werden. Ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung des Schwarzmarkts und damit zusammenhängender Kriminalität sei die Strafverfolgung, sodass für die Aufrechterhaltung der Paragrafen 284 und folgende des Strafgesetzbuchs (StGB) plädiert wurde.

    In dem Zusammenhang machte Blienert die Dimensionen des kriminellen Glücksspiels mit einer Zahl deutlich: Jeder dritte in Deutschland aufgestellte Spielautomat sei illegal. Benter forderte, besonders das strafbare Anbieten illegaler Glücksspiele aus dem Ausland müsse intensiv verfolgt werden.

    Ein wichtiges Ziel
    Als ein wichtiges Ziel für 2024 nannte Benter, dass die Glücksspielbehörde der Länder sich stärker auf den Vollzug konzentrieren wolle. Blienert will, dass zumindest einige illegale Automaten vom Markt verschwinden.

    Einen Anstieg der Verfahren im Zusammenhang mit Finanzkriminalität stellte der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, im anschließenden Interview mit Moderatorin und Politikjournalistin Ute Welty per Live-Schaltung heraus. Geldwäsche, unter anderem im Zusammenhang mit Krypto-Währungen, sei eine wachsende Herausforderung für die zuständigen Behörden. Dabei sieht Münch Herausforderungen nicht nur beim Glücksspiel, sondern zunehmend auch bei Sportwetten. Die Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land könne hier zu weiteren Problemen führen, betonte Münch.

    Maßnahme gegen Organisierte Kriminalität
    Als wichtigste Maßnahme im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität in diesem Sektor nannte der Spitzenbeamte das Umsetzen eines Vermögensermittlungsgesetzes, wie es derzeit im Gespräch ist. Derzeit werde ausgelotet, wo die Grenzen der Verfassungskompetenz lägen. Er, so Münch, wünsche sich, dass das Potenzial möglichst umfassend ausgeschöpft werde; nur so sei es den Behörden möglich, große, verdächtige Geldmengen sichern zu können, ohne dass unbedingt Vortaten erkannt worden seien.

    Lotto Niedersachsens Geschäftsführer Axel Holthaus akzentuierte in der zweiten Diskussionsrunde mit Nadja Wierzejewski, Abteilungsleiterin der Gemeinsamen Glückspielbehörde der Länder, dass das Volumen des illegalen Glücksspielmarkts in Deutschland auf Schätzungen basiere – niemand kenne das tatsächliche Volumen. „Unsere aktuelle Regulierung führt nicht zu signifikant weniger Kanalisierung“, so Holthaus, „illegale Marktteilnehmer sollten kein Motor für Rücknahme der Regulierung in Deutschland sein.“

    Erhöhtes Gefährdungspotenzial
    Die beiden Talk-Gäste stimmten zudem darin überein, dass die anstehende Evaluierung des GlüStV verdeutlichen würde, wie die Schutzmechanismen für umfassenden Spieler- und Jugendschutz besonders bei Glücksspielformen mit einem erhöhten Gefährdungspotenzial greifen.

    „Für Lotterien sind die regulatorischen Leitplanken für den Spieler- und Jugendschutz seit 75 Jahren eindeutig. Wir freuen uns, dass die Auswirkungen der neuen gesetzlichen Regelungen evidenzbasiert bewertet werden und so möglichen Fehlentwicklungen begegnet wird“, erläuterte Sven Osthoff, Geschäftsführer von Lotto Niedersachsen.

    Als Fazit des Abends betonte Axel Holthaus: „Wichtig im Kampf gegen das Illegale ist ein guter, effektiver Austausch zwischen allen Akteuren der Glücksspielbranche. Wir alle haben ein Interesse an einem rechtssicheren Raum im Sinne des Spieler- und Jugendschutzes. Denn letztlich geht es um das Wichtigste: unsere Kunden.“

    pi / max

  • „Zahlungsströme abschneiden“

    SAARBRÜCKEN // Im Kampf gegen illegales Glücksspiel will der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) die Zahlungsströme zu ausländischen Anbietern ohne Konzession für Deutschland abschneiden.

    „Payment Blocking wird im Kampf gegen illegale Anbieter in zahlreichen europäischen Ländern wie Belgien, Norwegen, Spanien und so weiter angewandt“, teilen Michael Burkert und Peter Jacoby, derzeit federführend im DLTB, mit. „Was in anderen europäischen Ländern möglich ist, sollte in Deutschland ebenfalls umsetzbar sein“, meint Burkert. Und Jakoby verweist auf eine Resolution des Europäischen Parlaments zu Online-Glücksspielen im Binnenmarkt. Dabei hatten sich die Straßburger Parlamentarier mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass die Mitgliedsstaaten ihre rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen sollten, um illegales Online-Glücksspiel zu bekämpfen und illegalen Anbietern den Marktzugang zu verwehren. Dabei seien Sperrmaßnahmen für Finanztransaktionen ausdrücklich benannt worden.

    Laut DLTB verstoßen illegale Glücksspielanbieter gegen Gesetze in Deutschland und führen Kunden in ungeschützte Spielumgebungen. Außerdem entzögen sie dem Gemeinwohl hohe Mittel, leisteten keine Abgaben in Deutschland und strichen stattdessen Gewinne für multinationale Unternehmen ein, die oft ihren Sitz in Steueroasen, zum Beispiel Malta oder Gibraltar, hätten.

    „Illegales Glücksspiel spricht dem Bemühen im Kampf gegen Spielsucht, für mehr Verbraucher- und Jugendschutz sowie Steuergerechtigkeit Hohn“, erklärt Burkert. Und Jacoby macht deutlich: „Wenn zahlreiche Länder in Europa Maßnahmen gegen illegale Glücksspielanbieter durchführen, sollten gerade auch in Deutschland die Behörden richtigerweise alles Mögliche unternehmen, um das Treiben der Illegalen zu unterbinden.“

    Bundesweit zuständig für das Financial Blocking ist das niedersächsische Innenministerium. Dort arbeitet man derzeit an Wegen zur Blockierung der Zahlungsströme. Ganz so einfach dürfte die Sache indes nicht werden. Mancher Experte ist denn auch skeptisch. So stellt zum Beispiel Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, laut einem Bericht in der „Süddeutschen Zeitung“ und im „NDR“ fest, dass illegale Glücksspiel‧anbieter nur schwer vom Zahlungsverkehr abzuschneiden seien. Um die Geldflüsse zu verhindern, müssten Banken und Kreditinstitute nicht nur verpflichtet werden, Überweisungen und Auszahlungen zu unterbinden, sondern auch Daten über die Standorte der Spielteilnehmer sammeln. Dagegen gebe es erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken.
    red

    (DTZ 51/52/14)