Schlagwort: Hygienekonzepte

  • HDE und Lebensmittelketten fordern Ende der 2 G-Regel

    BERLIN // Der Ruf nach einem bundesweiten Abschaffen der 2 G-Regel im Einzelhandel wird immer lauter. Nach dem Handelsverband Deutschland (HDE) melden sich auch große Lebensmittelhändler zu Wort, obwohl sie selbst überhaupt nicht von der 2 G-Regel betroffen sind. Nachdem einzelne Bundesländer bereits zu 3 G zurückgekehrt sind, folgten jetzt auch Hessen und Schleswig-Holstein.

    In Hessen fällt die 2G-Regel im Einzelhandel künftig weg. Das sagte Ministerpräsident Volker Bouffier. Allerdings werde Hessen für den Besuch in Geschäften eine FFP2-Maske zwingend vorschreiben, so Bouffier.
    Zuvor hatte die Stadt Hanau ab sofort auf die Kontrolle von 2G im Groß- und Einzelhandel verzichtet, nachdem die Inhaberin eines Modegeschäftes erfolgreich geklagt hatte und kurzzeitig als einziges Bekleidungsgeschäft ohne Einschränkungen öffnen durfte.

    Nach dem Handelsverband Deutschland (HDE) forderten jetzt auch die vier großen Lebensmittelhändler – Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) – in einem Brief an mehrere Spitzenpolitiker ein Ende der Zugangsbeschränkungen, die noch immer in großen Teilen des Handels gelten. Das ist auch deshalb bemerkenswert, da die Lebensmittelhändler selbst überhaupt nicht von der 2 G-Regel betroffen sind.

    Bund und Länder
    Bund und Länder hatten die 2 G-Regel für weite Teile des Einzelhandels angesichts der steigenden Corona-Inzidenzzahlen Anfang Dezember vergangenen Jahres beschlossen. Davon ausgenommen sind Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Drogerien oder Apotheken. Allerdings wurden die Regeln bereits in mehreren Bundesländern von Gerichten gekippt.

    Die Chefs von Edeka, Rewe, Aldi und der Schwarz-Gruppe erklären in einem gemeinsamen Schreiben an Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt und andere Spitzenpolitiker: „Auf Basis unserer nunmehr fast zweijährigen Erfahrungen mit der Corona-Pandemie können wir feststellen, dass der Einzelhandel mit den geeigneten Hygienekonzepten – maßgeblich der Maskenpflicht und dem Wahren des Abstands– kein Infektionsherd ist.“ Das gelte unabhängig von den gehandelten Sortimenten.

    Bei den betroffenen Händlern sorge die 2 G-Regel, die nur Geimpften und Genesenen den Zutritt erlaubt, dagegen für erhebliche Umsatz- und Ergebniseinbußen, heißt es in dem Schreiben weiter. Die Gefahr von tausenden Schließungen, besonders bei den inhabergeführten Geschäften, und die verheerenden Auswirkungen auf die Innenstädte sei offensichtlich. Die Topmanager drängen deshalb: „Den Unternehmen sollte es jetzt ermöglicht werden, unter Einsatz der hinlänglich bewährten Hygienekonzepte ihre Kunden ohne weitere Beschränkungen zu empfangen und zu bedienen.“

    Handel kein Infektions-Hotspot
    Diese Meinung vertritt auch der Handelsverband Deutschland: „Die Erfahrungen aus dem durchgängig ohne Einschränkungen geöffneten Lebensmittelhandel machten mehr als deutlich, dass der Handel kein Infektions-Hotspot ist“. Dafür sorge schon die Maskenpflicht. Es sei nicht logisch begründbar, warum täglich 40 Millionen Kundenkontakte im Lebensmittelsektor ohne größere Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen stattfinden könnten, während die zehn Millionen Kundenkontakte des restlichen Einzelhandels problematisiert würden.

    Die Tatsache, dass 2 G beim Einkauf in Niedersachsen, Bayern und dem Saarland bereits durch Gerichte außer Kraft gesetzt wurde, ohne dass dort in der Folge die Infektionszahlen deutlicher als in den anderen Bundesländern gestiegen wären, mache die Lage für Kunden und Händler noch abstruser, so der HDE.

    Zudem beklagt der Handelsverband, dass die Händler mit den Folgen der Pandemie und der Corona-Maßnahmen allein gelassen würden. Der Staat könne und dürfe diese hoheitlichen Aufgaben nicht einfach an die Privatwirtschaft delegieren. 2 G im Handel führt außerdem teilweise zu massiven Umsatzeinbrüchen. Deshalb fordert der HDE ein Anpassen der staatlichen Corona-Hilfen.

    Nachdem die Staatsregierung Bayerns die 2 G-Regel für den Einzelhandel in Folge der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gekippt hat, fordert der Handel das ebenfalls in Baden-Württemberg. Die Landesregierung will hingegen an 2 G festhalten. „Es ist unseren Kunden nicht zu erklären, warum im benachbarten Bayern der Einkauf ohne Nachweis möglich ist, bei uns jedoch nicht. Die Konsequenz wäre, dass die Kundschaft vor allem in grenznahen Gebieten zum Einkauf nach Bayern fährt. Der daraus entstehende wirtschaftliche Schaden wäre für viele Händler nicht mehr zu verkraften. Wir fordern die Landesregierung auf, hier unverzüglich dem Vorbild aus Bayern zu folgen“, sagt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW).

    Im Gegensatz zu Bayern will Baden-Württemberg an der 2 G-Regel im Handel festhalten. „Einen entsprechenden Eilantrag hat der Verwaltungsgerichtshof erst am 12. Januar erneut zurückgewiesen und unsere Vorgaben für 2 G insofern bestätigt“, argumentierte Medienberichten zufolge eine Sprecherin des Staatsministeriums.

    Finanzminister zweifelt an Corona-Regeln
    Gleichzeitig signalisierte FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner Zweifel an der geltenden Corona-Regelung. „Ich stelle mir persönlich die Frage, ob wir wirklich auf Dauer die sehr scharfen Zutrittsbeschränkungen im Handel brauchen. Da entsteht ja ein wirtschaftlicher Schaden. Und da muss eben immer gefragt werden, ob der Schaden in einem richtigen Verhältnis steht zum zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen“, so Lindner.

    red


    Der obige Beitrag stellt den Stand bei Redaktionsschluss dar. Die Entwicklung zu den 2 G-Regeln kann sich inzwischen geändert haben.

  • „Nationale Kraftanstrengung“

    BERLIN // Nun liegen die neuen Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern auf dem Tisch. Wie erwartet werden die meisten Maßnahmen bis mindestens zum 20. Dezember verlängert und verschärft.

    Gatronomie und Beherbergungsgewerbe
    Betroffen ist – neben Gastronomie und Beherbergungsgewerbe – vor allem der Einzelhandel. In Geschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern soll sich höchstens eine Person auf zehn Quadratmetern Verkaufsfläche aufhalten. Bei Geschäften, die größer sind, darf auf die zusätzliche Fläche dann höchstens eine Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche kommen.

    Zwei Haushalte
    Außerdem wurden die Kontaktbeschränkungen auf maximal zwei Haushalte und fünf Personen erweitert. Im öffentlichen Raum und vor Geschäften gilt eine Maskenpflicht. Arbeitgeber sollen großzügig Homeoffice-Lösungen anbieten und nach Möglichkeit „zwischen den Jahren“ Betriebsferien machen.
    Die Quarantänezeit von Kontaktpersonen von mit dem Corona-Virus infizierten Menschen wird ab 1. Dezember von 14 auf zehn Tage verkürzt. Voraussetzung ist ein negativer Corona-Test. Wer bereits an Covid-19 erkrankt war, muss nicht in Quarantäne.

    HDE: Maßnahmen kontraproduktiv
    Insbesondere der Handelsverband Deutschland (HDE) bewertete die neuen Corona-Regeln für den Einzelhandel als kontraproduktiv: „Es gibt keinen sachlichen Grund, unterschiedliche Regelungen für Verkaufsflächen über und unter 800 Quadratmetern zu erlassen. Die Hygienekonzepte im Einzelhandel haben sich sowohl in kleinen wie auch in den größeren Räumlichkeiten von Geschäften, Supermärkten, Kaufhäusern und Einkaufszentren bewährt. Die neue Regelung könnte auch kontraproduktiv sein, wenn sich Warteschlangen vor den Geschäften und in den Innenstädten bilden“, sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Eine solche Regelung stünde auch juristisch auf sehr unsicherem Boden. Das zeigten die Erfahrungen nach Ende des ersten Lockdowns, als zunächst nur Händler mit weniger als 800 Quadratmetern öffnen durften. Diese Regelung wurde anschließend von Gerichten infrage gestellt.

    Verkaufsfläche pro Kunde
    Die neue Regelung sei zwar besser als eine ursprünglich vorgesehene, generelle Zugangsbegrenzung von einem Kunden pro 25 Quadratmetern. Es wäre jedoch besser, die bereits den gesamten November geltende Vorgabe von zehn Quadratmetern Verkaufsfläche pro Kunde für alle Einzelhändler durchgängig beizubehalten. Das stelle auch die Einhaltung der vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Abstandsregelung sicher. Bei einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern bleibt die derzeit geltende Zehn-Quadratmeter-Regelung pro Kunde bestehen, für die Quadratmeter darüber hinaus sind jeweils 20 Quadratmeter pro Kunde vorgeschrieben.

    Genth: „Mit dieser Regelung werden wir Warteschlangen vor den Supermärkten, Modegeschäften und Kaufhäusern erleben. Das schafft neue Gelegenheiten für Ansteckungen.“ Zudem verstärkten die anstehenden Kunden das Gefühl bei den Verbrauchern, Waren könnten knapp werden. Die Konsequenz könnten erneut Hamsterkäufe sein.

    max

  • Faktischer Lockdown für den Einzelhandel

    BERLIN // Nach dem Corona-Gipfel der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten am 28. Oktober macht der Handelsverband Deutschland (HDE) deutlich, dass infolge der Beschlüsse zum Herunterfahren des öffentlichen Lebens viele Handelsunternehmen auf die zugesagte staatliche Hilfe angewiesen sind.

    Positiv sei, dass in den Geschäften nun statt ursprünglich geplant einem Kunden pro 25 Quadratmeter, zumindest ein Kunde pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche zugelassen sein soll. Der faktische Lockdown gefährde jedoch viele Einzelhändler in der Innenstadt.

    Hervorragende Hygienekonzepte
    „Die Politik hat zumindest den Vorschlag zur strengen Begrenzung der Kundenzahl noch einmal abgeschwächt. Das ist gut so und wird den Händlern helfen, längere Schlangen vor den Geschäften und in der Folge unnötige Ansteckungsrisiken zu vermeiden“, sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Offensichtlich habe der Einzelhandel mit seinen über Monate hervorragend funktionierenden Hygienekonzepten auch die an der Beschlussfassung beteiligten Politiker überzeugen können. „Einkaufen ist auch in der Pandemie sicher, der Einzelhandel ist kein Hotspot“, führt Genth weiter aus.

    Schwierige Lage für den Handel
    Das weitgehende Herunterfahren des öffentlichen Lebens mit Schließungen in der Gastronomie und verschärften Kontaktbeschränkungen bringe allerdings auch die Handelsunternehmen in den Innenstädten in eine schwierige Lage und komme einem faktischen Lockdown gleich. Zwar dürfen die Geschäfte geöffnet bleiben, aber es werden nach Genths Einschätzung voraussichtlich nur wenige Kunden den Weg in die Stadtzentren finden. „Wenn die Geschäfte als einzige geöffnet sind, alle anderen Branchen rundherum schließen müssen und die Menschen zuhause bleiben, dann sind die Händler in einer sehr schwierigen Lage. Die Handelsunternehmen können nur bei entsprechenden Kundenfrequenzen wirtschaftlich arbeiten“, betont Genth.

    Unkomplizierte Hilfen
    Deshalb sei die Branche für die kommenden Wochen mehr denn je auf schnelle und unkomplizierte Hilfen für unverschuldet in Not geratene Geschäfte angewiesen. Genth: „Wir nehmen den Finanzminister beim Wort. Viele innerstädtische Händler sind auf schnelle Ausgleichszahlungen des Staates angewiesen.“ Eigene finanzielle Reserven seien bei vielen schon lange aufgebraucht.“

    Der Mittelstand dürfe in dieser Krise nicht abgehängt werden. „Ansonsten wird sich nach Corona zeigen, dass viele Händler nicht durchhalten können und die Innenstädte veröden“, gibt der HDE-Hauptgeschäftsführer zu bedenken.

    pdh