Schlagwort: Holz

  • Erfolgreich, charismatisch, bodenständig

    BORDESHOLM // Die deutsche Pfeifenszene trauert um einen der talentiertesten Macher: Eckhard Stöhr ist tot. Der Bruyère-Künstler starb am 1. Juli, einen Tag vor seinem 64. Geburtstag, unerwartet in Bordesholm in Schleswig-Holstein. Eine Woche zuvor stellte er noch bei der Pfeifenmachermesse in Worth zum Gedenken an Rainer Barbi seine jüngsten Werke aus.

    Eckhard Stöhr war ein Nordlicht par excellence: In Hamberge geboren lebte er bis vor wenigen Jahren unweit seines Geburtshauses, bis es ihn aus privaten Gründen nach Bordesholm in der Nähe von Kiel zog. Und er liebte das Angeln so sehr wie das Anglerlatein. Seine große Leidenschaft galt seit Ende der 1980er-Jahre auch dem Pfeifenbau. Er fing an wie viele: In einem Katalog von „Danske Pibe“ (heute Dan Pipe in Lauenburg) entdeckte er vorgefertigte, mit Mundstück versehene Kanteln. Ohne großes Werkzeug, aber mit viel Freude, Willenskraft und Enthusiasmus ging er ans Werk.

    Der Reiz vorgefertigter Kanteln verflog schnell, und so kaufte er fortan nur noch Plateauholz und Mundstückrohlinge. „Eine Sucht war geboren. Ein Hobby, das mich bis heute fesselt“, beschrieb er seinen Werdegang.

    „Pfeifenmachen ist meine Leidenschaft“
    Auf örtlichen Kunsthandwerkermärkten verkaufte er erste Pfeifen, baute sich anschließend in der heimischen Garage eine eigene Werkstatt auf und investierte in Maschinen sowie in professionelles Equipment. Der seit dem 18. Lebensjahr passionierte Pfeifenraucher betrieb das Handwerk als Ausgleich zum Hauptberuf bei der Bundespolizei. „Pfeifenmachen ist meine Leidenschaft“, sagte er vor Jahren: „Wenn ich in die Werkstatt gehe, dann ist das für mich Entspannung pur, eine Art geistige Erholung.“

    Anfangs fertigte Stöhr weitgehend Filterpfeifen und war selbst überrascht von der großen Nachfrage nach handgefertigten Stücken ohne Filter. Fortan baute er beides. „Es muss für jeden Geschmack etwas auf dem Tisch sein“, sagt er bei seiner ersten größeren Präsentation 2007 in Rheinbach. Er experimentierte mit unterschiedlichen Formen und diversen Finishs, sein Augenmerk galt dabei klassischen Formen, die er mit einer modernen Leichtigkeit interpretierte.

    Holz steht im Mittelpunkt
    Eckhard Stöhr war kein Dogmatiker, kein Philosoph. Er arbeitete im Sinne von Rainer Barbi: Die Maserung und das Auge des Machers entscheiden, was aus der Kantel herauszuholen ist, das Holz steht im Mittelpunkt. Und wenn es galt, ein bestimmtes Shape umzusetzen, dauerte die Suche nach der richtigen Bruyère-Kantel eben etwas länger. Sein Anspruch an sich selbst war hohe Präzision – in der Linienführung, der Maserung, dem sauberen und genauen Sitz der Bohrungen. Gestempelt wurden die Pfeifen zurückhaltend mit „ES“.

    Im Laufe der Jahre wurde er für viele junge Pfeifenmacher ein wichtiger Ratgeber, seine Kritik war gefragt und seine Hinweise mit Augenzwinkern wurden geschätzt. Für die deutsche Szene war Stöhr seit Jahren ein gefragter Gesprächspartner für Kunden und Händler sowie ein Zugpferd – egal ob auf den Messen in Lohmar, bei Peter Heinrichs oder in Worth. Auch über die Landesgrenzen hinaus wurden Sammler und Händler auf Stöhr aufmerksam: Er verkaufte seine Unikate nach China, Dänemark, Kanada und in die USA.

    Eine große Lücke
    „In jeder Pfeife steckt auch ein bisschen Herzblut“, sagte er jüngst. Trotz der hohen Nachfrage sollte der Pfeifenbau für ihn ein Hobby und Nebenerwerb bleiben: „Der Spaß muss im Vordergrund stehen.“ Er war kein Geschäftemacher, dafür war er viel zu kritisch mit sich selbst. Er war ein Charismatiker, ein guter Zuhörer und ein mitreißender Erzähler, ein Original mit imposantem Auftreten, markantem Schnauzer und herzlichem Lachen. Eckard Stöhr hinterlässt eine große Lücke – fachlich wie menschlich. tdh

    (DTZ 28/18)