häufig kann man sich ja unter abstrakten Zahlen nicht allzu viel vorstellen. Mal ehrlich: Was sind 100 Milliarden Euro? Zum einen wissen wir seit gestern, dass das der Betrag ist, der Bund, Ländern und Gemeinden im laufenden Jahr voraussichtlich fehlt, denn um diese gigantische Summe werden die Steuereinnahmen 2020 sinken. Wohlgemerkt: Das ist „nur“ die Differenz zu den ursprünglich erwarteten fiskalischen Erträgen.
Bruttoinlandsprodukt der Slowakei
Um es einen Tick konkreter zu machen: Dieser Lücke in den Haushalten entspricht dem kompletten Bruttoinlandsprodukt der Slowakei (vor Corona natürlich) – also der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche eines kompletten Jahres. Oder anders gesagt: Wenn Sie, Ihre Eltern, Kinder, Nachbarn, Arbeitskollegen und überhaupt jeder, der in Deutschland lebt, 1200 Euro zahlt, dann haben wir dieses Loch aufgefüllt. Dann müssen wir uns nur noch um die 900 Milliarden kümmern, die der Staat uns für Subventionen, Sozialleistungen und so fort versprochen hat. Ich halte es derzeit mit dem Dichter Heinrich Heine. Sie wissen schon: Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht…
Verstehen Sie mich nicht falsch! Ich bin selbst angesichts dieser finanziellen Dimensionen noch einigermaßen optimistisch und glaube daran, dass wir diese Krise bewältigen werden. Allerdings sehe ich im Moment noch nicht, wie das geschehen soll.
Anleger und der Einzelhandel
Manchmal sehen Menschen halt den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ich erhielt jüngst den Auszug einer Studie der Frankfurter Sentix GmbH, die sich mit dem Verhalten von Anlegern befasst. Erstaunliche Erkenntnis der Hessen: Der europäische Einzelhandel wird zwar derzeit von Anlegern links liegen gelassen, entwickelt sich zugleich jedoch besser als der Gesamtmarkt. Negative Faktoren überstrahlten aktuell diese relative Stärke, heißt es in der Analyse, und: „Behavioristisch ist dies eher eine gute Voraussetzung für ein Andauern der Sektor-Outperformance.“
Einzelhandel
Das ist für den einzelnen Geschäftsinhaber, der womöglich um sein Überleben kämpft, kein echter Trost. Aber es zeigt doch: Der Einzelhandel, vor allem in Verbindung mit Online-Aktivitäten, ist noch lange nicht tot.
Dortmunder Messen
Angesichts der aktuellen Entwicklungen bin ich gespannt – und auch hier optimistisch –, ob [link|https://www.intertabac.de/start/]InterTabac[/link] und [link|https://www.intersupply.de/start/]InterSupply[/link] stattfinden werden. Hinter den Kulissen wird in Dortmund kräftig an Konzepten für Besucherströme, Desinfektionsmöglichkeiten und vieles mehr gewerkelt, mit denen die Messe umgesetzt werden soll. Ich denke, das wäre ein gutes und wichtiges Signal an Hersteller und Importeure, an den Handel und an den Konsumenten. Sehen wir uns in Dortmund?
Aber bis dahin sind es noch vier Monate. Genießen Sie zunächst das vor uns liegende Wochenende.
Herzlich,
Marc Reisner,
Chefredakteur DTZ