Schlagwort: Direktvermarktungssystem

  • Eine Tür geht zu, eine andere auf

    BERLIN // Der deutsche Tabakbau kann aufatmen – so scheint es. Nach dem Wegfall der EU Subventionen 2010 und dem Rückzug der Zigarettenindustrie 2017 sah es zunächst schlecht aus mit neuen Marktchancen. Doch dann kam der Shisha-Boom und mit ihm neue Geschäftspartner.

    Hat der Shisha-Konsum den deutschen Tabakanbau gerettet? Sven Plaeschke, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakpflanzer, zögert nur kurz, bevor er antwortet: „Ich hätte es anders formuliert, aber es stimmt, dass die wachsende Nachfrage nach Wasserpfeifentabak dem deutschen Rohtabakmarkt einen Aufschwung beschert hat.“ Fast 96 Prozent des deutschen Tabaks landeten früher oder später in einer Shisha, sagt Plaeschke.

    Was macht deutschen Tabak so begehrenswert? Den Pflanzern kommen dabei verschiedene Faktoren zugute, unter anderem der hohe Qualitätsstandard. „Unser Virgin ist der Mercedes unter den Shisha-Tabaken“, sagt Plaeschke. Die Blätter weisen einen niedrigeren Nikotingehalt aus, sind weniger durch Pflanzenschutzmittel belastet, haben einen hohen Zuckergehalt und eine goldgelbe Farbe. „Bei der Zugabe von Molasse gibt es keine Farbveränderung“, weiß er.


    Optimistische Stimmung

    Alles zusammen sind das gute Kriterien, um international zu agieren und die Marktteilnehmer zu überzeugen. Das haben die Pflanzer erkannt und treten entsprechend emanzipiert auf. „Wir haben ein eigenes Direktvermarktungssystem aufgebaut und vermarkten unseren Tabak direkt in alle Welt“, so Plae-schke. „Das unterstützt unsere Geschäftsbeziehungen zu Shisha-Produzenten in arabischen Staaten, in Indien, den USA, aber auch in Europa und Deutschland.“ Die Stimmung innerhalb der Branche sei entsprechend optimistisch.

    „Es hat sich eine neue Tür geöffnet, obwohl der deutsche Rohtabak ein hochpreisiges Produkt ist“, erinnert der Geschäftsführer mit Blick auf die weniger guten Jahre im Tabakbau. „Nach dem Wegfall der Subventionen und dem Rückzug der Industrie hatten wir Absatz- und Anbauprobleme. Diesen Trend konnten wir stoppen“, so Plaeschke, „das Geschäft mit den Shisha-Tabak-Produzenten kann uns tragen.“ Sven Plaeschke spricht in diesem Zusammenhang von einem Strukturwandel: „Was früher viele kleine Betriebe gemacht haben, machen heute wenige große.“ Heute produzieren noch rund 100 Tabakanbaubetriebe in Deutschland auf knapp 2000 Hektar. Für das laufende Jahr werden rund 5000 Tonnen Tabak Ernte erwartet. „Wir hatten einen Dürre-Sommer und nicht alle konnten ihre Felder bewässern“, so Plaeschke. Trotzdem: Die Qualität stimmt. Die Pflanzer haben keine Probleme, auf dem Weltmarkt für Shisha-Tabak mit anderen Mitbewerbern zu konkurrieren. International ist die Nachfrage da.

    Was bleibt sind die Kosten – ein entscheidender Faktor im Wettbewerb. „Wir können unseren Rohtabak absetzen“, sagt er. Allerdings muss sich auch der wirtschaftliche Nutzen für die Erzeuger einstellen. „Der gesetzliche Mindestlohn ist für die Betriebe eine große Herausforderung“, sagt Plaeschke.

    kes

    (DTZ 41/18)