Schlagwort: den ich analysieren soll

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    herzlich willkommen in Woche 6 – oder 7? 8? – der Corona-Beschränkungen. Haben auch Sie den Überblick ein bisschen verloren? Wenigstens sehen wir jetzt erste Veränderungen.

    Oder wir sehen sie nicht. Und deshalb schreibe ich heute über ein Thema, das etwas heikel ist und mich doch sehr beschäftigt.

    Krisenmanagement
    Gestern meldeten einige wenige Medien, dass ein Mitarbeiter des Krisenmanagements aus dem Innenministerium einen Brandbrief verschickt hat. Darin meldet der Mann schwere Zweifel an der Sinnhaftigkeit der aktuellen Maßnahmen an.

    80-seitige Papier
    Dieses 80-seitige Papier wurde weitergegeben und – bislang nur in Auszügen – von der Seite „Tichys Einblicke“ veröffentlicht. Nun gestehe ich, dass ich so meine Probleme mit der politischen Ausrichtung dieses Mediums habe. Und ich verweise darauf, dass Tichy bislang die einzige Quelle ist. Allerdings ist der frühere Chefredakteur (Impulse, Wirtschaftswoche) zwar rechtskonservativ, aber auch kein Spinner.

    Nachrichten aus dem BMI
    Auf dieser Seite jedenfalls sind erste Auszüge des Schreibens sowie eine weitere Rundmail aus dem BMI an dessen Empfänger zu finden, mit der das Ministerium indirekt die Analyse als echt bestätigt. Übrigens: Zumindest bisher berichten nur wenige Medien darüber, Tendenz: „delikate Petitesse“.

    Für mich klingt es eher so, als habe da jemand aus Verzweiflung und echter Überzeugung gehandelt. Der Mann, der offenbar nicht allein an dem Papier gearbeitet hat und inzwischen suspendiert wurde, hat demzufolge versucht, bei seinen Vorgesetzten und dem Minister Gehör zu finden. Als das nicht fruchtete, schickte er nach eigener Aussage das Dokument an den Krisenstab sowie an die entsprechenden Fachabteilungen auf Bundes- und Landesebene.

    Kernaussage des Papiers
    Die Kernaussage des Papiers: „Die beobachtbaren Wirkungen und Auswirkungen von COVID-19 lassen keine ausreichende Evidenz dafür erkennen, dass es sich – bezogen auf die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft – um mehr als um einen Fehlalarm handelt.“ Außerdem heißt es, dieses Analyseergebnis sei von KM 4 (Abteilung des Krisenmanagements) auf wissenschaftliche Plausibilität überprüft worden und widerspreche im Wesentlichen nicht den vom RKI vorgelegten Daten und Risiken.

    Defizite im Krisenmanagement
    Der Referent spricht nicht davon, dass die Politik die Menschen in Deutschland vorsätzlich hinters Licht geführt habe, aber es gebe Defizite und Fehlleistungen im Krisenmanagement. Folge: „Der Staat hat sich in der Coronakrise als einer der größten Fakenews-Produzenten erwiesen.“

    Was ist dran? Das ist derzeit schwer einzuschätzen. Naturgemäß hat die Regierung kein Interesse daran, dass das Schreiben öffentlich wird – sei es, weil es inhaltlich tatsächlich Fakten verfälscht, seines, weil sie die Konsequenzen fürchten muss.

    Kommen Sie gut in diese Woche!

    Beste Grüße,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ