Schlagwort: Bahnhofsfilialen

  • „Zum Glück haben alle an einem Strang gezogen“

    BREMEN // Die Corona-Pandemie hat nachhaltige Folgen im Einzelhandel. Diese bekam und bekommt auch der Fachhandelsfilialist Jonas mit Firmenzentrale in Bremen zu spüren.

    Drei Filialen während des Lockdowns geschlossen
    Während des von der Politik beschlossenen Lockdowns im Frühjahr musste das Familienunternehmen drei seiner insgesamt 26 Filialen schließen. Betroffen waren die Geschäfte in den normalerweise sehr stark besuchten Hauptbahnhöfen von Hamburg (zwei Läden) und Lübeck. Mit bis zu 450.000 Fahrgästen und Passanten täglich ist der Hamburger Hauptbahnhof der am stärksten frequentierte Personenbahnhof Deutschlands. Zur Zeit der Zwangsschließungen machte Jonas in diesen drei Filialen keinen Cent Umsatz, hatte aber weiterhin Kosten zu tragen und musste die dortigen Mitarbeiter zu hundert Prozent in die Kurzarbeit schicken.

    Kurzarbeit so wenig wie möglich
    Ansonsten wurde und wird das Instrument „Kurzarbeit“ so wenig wie möglich eingesetzt, unterstreicht Firmeninhaber Martin Jonas. In jenen Läden mit eingeschränkten Öffnungszeiten, wie es bei manchen sogar heute noch der Fall ist, waren und sind die Jonas-Mitarbeiter zu 40 Prozent in Kurzarbeit.

    „Zum Glück haben uns einige Vermieter die Miete für ein paar Monate gestundet, andere zeigten sich hingegen überhaupt nicht gesprächsbereit“, berichtet Jonas, der auch das Entgegenkommen der Bahn in der Corona-Krise lobt. Seine Frau Gaby macht deutlich: „Eine Stundung ist kein Geschenk, denn die Mieten müssen später bezahlt werden. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“

    Unterschiedliche Vorgaben von Politik und Behörden
    Beide monieren die unterschiedlichen Vorgaben von Politik und Behörden während des Lockdowns. „In der ohnehin äußerst angespannten Lage sorgte ein Wirrwarr von Beschlüssen, die von Bundesland zu Bundesland, von Landkreis zu Landkreis und von Stadt zu Stadt zum Teil sehr verschieden waren für zusätzliche große Probleme“, kritisiert Gaby Jonas. „Unsere Mitarbeiter und wir hätten uns in der Situation klare, bundesländerübergreifende Regelungen gewünscht“, ergänzt ihr Ehemann, der auch Schatzmeister des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) ist.

    An einem Strang ziehen
    Erfreut stellten die beiden fest, dass alle 140 Mitarbeiter zum Glück in der Krise an einem Strang zogen und bis zum heutigen Tag niemand entlassen werden musste. Gerade auch die jüngeren Kräfte inklusive der neun Auszubildenden hätten engagiert Verantwortung übernommen, so dass die älteren und gesundheitlich stärker gefährdeten Mitarbeiter zeitweise zu Hause bleiben konnten.

    Heiße Phase
    „In der heißen Phase der Corona-Krise wurden wir permanent vor neue Herausforderungen gestellt. Manches änderte sich von einer Stunde auf die andere“, so Gaby Jonas. Und ihr Ehemann erläutert: „Wir haben ständig beobachtet, wie es um den Gesundheitszustand unserer Mitarbeiter steht, wie es mit den Warenbestellungen aussieht und genau darauf geachtet, dass auch überall in unseren Filialen die behördlichen Auflagen umgesetzt werden.“

    Massive wirtschaftliche Verwerfungen
    Und über allem schwebte das Damoklesschwert massiver wirtschaftlicher Verwerfungen mit all ihren negativen Folgen – nicht zuletzt für die Mitarbeiter. „Durch diese Pandemie und die damit einhergehenden politischen Entscheidungen sind wir ohne jegliches eigenes Verschulden in eine schwierige Lage für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter geraten. Seit März hat es nur wenige Nächte gegeben, in denen ich gut und sorgenfrei geschlafen habe“, schildert Martin Jonas betrübt und betont: „Wir tragen schließlich Fürsorge und Verantwortung für unsere Mitarbeiter und wollen unser Familienunternehmen über die Corona-Krise hinaus erfolgreich fortführen.“

    Langer Weg in die Normalität
    Jonas rechnet damit, dass es im Bahnhofsbereich noch ein längerer Weg in die Normalität ist. Auch heute noch liege die Besucherfrequenz in den Bahnhöfen unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. Viele Menschen scheuten wegen des Ansteckungsrisikos Fahrten mit dem Zug.

    Gleichzeitig ist das Ehepaar Jonas fest davon überzeugt, dass die Bahn wegen ihrer Umweltfreundlichkeit das Verkehrsmittel der Zukunft ist und davon letztlich in den kommenden Jahren die Standorte in den Bahnhöfen profitieren werden. „Wenn Deutschland die Klimaziele erfüllen will, kann dies nur gelingen, wenn ein Großteil des Personen- und Lieferverkehrs auf die Bahn verlagert wird“, erklärt Martin Jonas. Vor diesem Hintergrund ist der Bremer Fachhandelsunternehmer zufrieden, dass die Verträge mit der Deutschen Bahn AG für einige seiner Filialen langfristig verlängert wurden.

    Hygiene und Maskenpflicht
    In Sachen Hygieneregeln und Mund-Nasen-Schutz wurden unter anderem jeweils an allen 26 Standorten der sogenannte „Spuckschutz“ eingeführt. In den beiden Filialen im Hamburger Hauptbahnhof gilt darüber hinaus für das Personal Maskenpflicht. „Bei der Hitze im Sommer war das eine enorme Belastung für unsere Mitarbeiter“, sagt Martin Jonas. Die Erstausstattung an Masken für sämtliche 140 Mitarbeiter des Unternehmens hatte Gaby Jonas selbst genäht und darauf mit der neuen Firmen-Homepage www.jonas-tabak.de geworben.

    Zum Thema Maskenpflicht berichteten die Filialleiter des Unternehmens, dass die Kunden sehr unterschiedlich darauf reagiert hätten. Während die meisten den Mund-Nasen-Schutz als notwendiges Übel zum eigenen und zum Schutz anderer akzeptieren würden, hätten manche die Maske erst nach Aufforderung und Diskussionen aufgesetzt. „In einem Fall wurde sogar ein Kunde nach dem Verlassen des Shops von der Bundespolizei in Empfang genommen, weil er sich strikt weigerte, Mund und Nase zu bedecken“, erzählt Gaby Jonas.

    Gutes in der Krise
    Dass die Corona-Krise über die Pandemie hinaus viel Schlechtes, aber auch Gutes zu Tage bringt, wird an einer anderen Geschichte deutlich: Als auf dem Transportweg die Desinfektionsmittel gestohlen wurden, sprang Stephan Endler, der Chef des E-Zigarettenanbieters Niko Liquids, ein, und lieferte kurzfristig Nachschub. „Das hat uns sehr geholfen“, so Martin Jonas. „Und ist ein Beispiel dafür, wie wir durch Solidarität in der Branche gemeinsam die Corona-Krise überstehen können.“

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